Der Plan
Mein Vorhaben, alle zwei Jahre einen Kontinent mit dem Rad zu bereisen, führte mich 2014 nach Afrika. Da ich nicht nur die ganze Zeit Rad fahren wollte und mich hohe Berge faszinieren, fiel meine Wahl als Startpunkt auf Moshi in Tansania. Dort steht schließlich der höchste Berg Afrikas! Von diesem Punkt aus zog ich dann auf der Karte einen Kreis mit der Entfernung, die ich in vier Wochen mit dem Rad schaffen kann. Ziemlich genau am Rand dieses Kreises lagen die Viktoriafälle und somit stand das Ziel der Reise fest.
Los geht‘s
Nachdem alle Reisevorbereitungen abgeschlossen waren konnte es endlich losgehen: mit dem Rad nach Schweinfurt, mit dem Zug weiter nach Frankfurt und von dort aus per Flugzeug über Amsterdam zum Kilimanjaro‑Airport in Tansania. Alles hat wunderbar geklappt, mein Gepäck und mein Rad waren da und die Grenzformalitäten schnell erledigt. Auf dringenden Rat meiner Reiseagentur fuhr ich nicht mit dem Rad vom Airport zur Unterkunft, sondern ließ mich mit dem Auto abholen.
Auf den Kilimanjaro
Die Berge waren bei meiner Ankunft leider in dichte Wolken verhüllt, am Abend zeigte sich der Kilimanjaro kurz vor Sonnenuntergang dann aber doch noch von seiner besten Seite! Kilimanjaro ist genaugenommen die Bezeichnung eines Gebirges, dessen höchster Berg der Kibo ist. Mit fünf vorgeschriebenen Begleitern machte ich mich am nächsten Tag auf den Weg zum Gipfel. Die von mir gewählte Umbwe‑Route wird nur von zwei Prozent aller Bergsteiger in Angriff genommen und so bekam ich zunächst nicht viel vom Rummel am Berg mit. Üblicherweise wird das Gepäck vom Begleitteam getragen und das Lager auch von diesen auf‑ und abgebaut. Da ich auf meinen Wunsch hin mein Gepäck selbst getragen habe und auch weiß, wie man ein Zelt auf‑ und abbaut, blieben wir fast immer zusammen und bildeten in kürzester Zeit ein tolles Team.
Am Gipfeltag starteten wir bei Sonnenaufgang und standen am späten Vormittag gemeinsam am höchsten Punkt Afrikas auf 5.895 m! Am gleichen Tag noch unternahm Guide Joseph mit mir einen Spaziergang durch die Gletscherwelt des Kilimanjaro. Das konnten wir nur machen, weil wir knapp unterhalb des Gipfels im Krater übernachteten und somit erst am nächsten Tag absteigen mussten. Für den Abstieg gibt es nur eine Route und da treffen sich dann alle Bergsteiger!
Quer durch Tansania
Zwei Tage später befand ich mich wieder in Moshi und rüstete mich für das nächste Abenteuer. Waren die klimatischen Bedingungen am Kilimanjaro noch angenehm, so erlebte ich während meiner Radtour eine unglaubliche Hitze und eine bisher nicht gekannte intensive Sonnenstrahlung. Temperaturen über 40 °C und Sonnenschein von früh bis spät sind vielleicht schön für einen Badeurlaub am Strand, aber nicht zum Radfahren geeignet. Ich musste mich schon mehrmals selber daran erinnern, dass ich das ganz freiwillig mache.
Die nächsten Tage fuhr ich mehr oder weniger von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang, sah außer (oft verkohlten) Bäumen und Büschen nicht viel und hielt nur zum Essen und Trinken an. Viel länger hätte ich auch nirgends anhalten können, weil sich sofort eine Menschenmenge um mich versammelte. Das war anfangs unterhaltsam und interessant, wurde aber bald ungemütlich weil es mir einfach zu eng wurde. Zudem kamen schnell Forderungen auf, die in der Regel mit „Give me …“ begannen. Es gab aber auch viele schöne Begegnungen, vor allem das Scherzen mit den Marktfrauen bei meinen abendlichen Lebensmittel‑Einkäufen für den nächsten Tag. So wurde mir geduldig erklärt wie man die verschiedenen Gemüsesorten zubereitet und dass Süßkartoffel auf Suaheli “Kirehani” heißt. Meine Hauptspeise nennt sich übrigens Chipsi Mayai und besteht aus alten, matschigen in altem Öl erwärmte geschnittene Kartoffeln, vermischt mit Ei. Gibt es immer und überall. Da es kein Besteck gibt kann man danach mit den fetttriefenden Fingern problemlos die Kette ölen!
Abends fand ich immer einen schönen Platz für mein Zelt und kochte mir meistens einte tolle Gemüsesuppe.
Am Lake Malawi
Nun lag das zwar nicht auf dem direkten Weg zu den Viktoriafällen, aber den Lake Malawi wollte ich unbedingt sehen. Nach einer langen Fahrt durch die Poroto‑Berge erreichte ich den drittgrößten See Afrikas. Hier reiht sich ein Fischerdorf an das nächste. Die Fische werden nachts mit Lichtfallen angelockt, gefangen und liegen dann tagsüber in riesigen aufgespannten Netzen zum Trocknen aus. Diese Fische haben leider einen bitteren Geschmack und so habe ich den Plan mit Stockfisch abends am Lagerfeuer verworfen. Da ich direkt am Ufer campierte und die Fischer mit ihren kleinen Booten nachts nur ein paar Meter an meinem Zelt vorbeifuhren, war es eine etwas unruhige, aber trotzdem herrliche Nacht!
Auf dem Weg nach Sambia
Eigentlich hatte ich die Vorstellung, Afrika bestünde aus endloser, flacher Steppenlandschaft. Nun, endlos schon, Steppe auch, aber wirklich nicht flach. Ganz im Gegenteil, Afrika ist von mehreren tektonischen Grabenbruchsystemen durchzogen und so ging es tagelang rauf, runter, rauf, runter. Aber auch die Berge gehören halt dazu und wer es flach will muss Urlaub in Holland machen. Abends schob ich mein Rad oftmals abseits der Straße einen Hügel hoch und hatte dadurch wirklich traumhaft schöne Plätze für mein Zelt.
Livingstone / Viktoriafälle
Nach drei Wochen Radtour hatte ich es tatsächlich geschafft und erreichte glücklich Livingstone und die Viktoriafälle. Auf einem Campingplatz direkt am Sambesi schlug ich mein Lager auf, duschte mich, wusch meine Klamotten und ging anschließend erst mal richtig zum Essen. Am nächsten Tag besuchte ich die Viktoriafälle. Da die letzte Regenzeit schon ein paar Monate zurücklag, hatte der Sambesi nur Niedrigwasser. Dadurch sahen die Fälle nicht ganz so gewaltig wie sonst aus. Ich war aber gerade in dem kleinen Zeitfenster hier, in dem es möglich ist, oberhalb der Fälle zum sogenannten Teufelspool zu laufen und ein Bad im Sambesi direkt „an der Kante“ zu nehmen.
Anschließend inspizierte ich den Verlauf des Sambesi unterhalb der Fälle und gab den kühnen Plan einer Kajaktour schnell auf. Zwar hatte ich extra dafür Kajakfahren geübt, aber das war einfach zu heftig. Im Gespräch mit einem Kajak‑Verleiher musste ich einsehen, dass die Sache ohne sicheres Beherrschen der Eskimorolle sinnlos ist. Oberhalb der Fälle ist das Wasser zwar relativ ruhig und rein theoretisch könnte man da fahren, aber dort tummeln sich die Krokodile!
Nationalpark Chobe
Nachdem ich nun über vier Wochen in Afrika war und außer Ziegen, Schafe, Kühe und Affen keine Tiere gesehen hatte, nahm ich kurzentschlossen an einer Safari teil. Ich hätte es ja doch bereut, heimzukommen ohne auch nur ein Zebra gesehen zu haben. Etwa 50 km von Livingstone entfernt im Grenzgebiet Sambia- Namibia- Simbabwe-Botswana liegt der Nationalpark Chobe. Dort bekam ich dann viele typische afrikanische Tiere zu Gesicht. Leider jeweils nur für kurze Zeit, weil das Safari‑Fahrzeug immer gleich wieder weiter fuhr. Trotzdem war es ein tolles Erlebnis, Elefanten, Giraffen, Krokodile, Büffel, Nashörner, Antilopen usw. aus der Nähe sehen zu können.
Nach Hause
Die Grenze nach Simbabwe verläuft quer durch die Viktoriafälle. Da mein Rückflug auf einem Airport in Simbabwe startete, nutze ich die Gelegenheit und besuchte die Fälle von der anderen Seite des Flusses. Den letzten Abend der Reise campierte ich direkt am Sambesi. Das Lagerfeuer knisterte, am Fluss hörte ich die Flusspferde, im Hintergrund rauschten die Viktoriafälle und über mir funkelten die Sterne am Himmel. Einfach ein herrlich schöner Abschluss einer abenteuerlichen Reise durch Afrika.