Zwei Jahre nach mein­er Reise durch Peru zog es mich nun in den ho­hen Nor­den Amerikas, natür­lich ganz hoch, soweit die Straßen gehen. Nach­dem et­was ver­spätet endlich auch mein Rad in An­chor­age angekom­men war, kon­nte die Tour bei 66 °F (15 °C) und Re­gen­wet­ter, also so wie es sich für Alas­ka gehört, losgehen.

Mein er­stes Ziel war der De­nali-Na­tion­al­park, in dem sich der höch­ste Berg Nor­damerikas Mount De­nali befind­et. Die 250 Meilen (etwa 400 km) auf dem Georg-Parks-High­way ver­liefen rel­a­tiv un­spek­takulär und ich be­fürchtete schon, Alas­ka bestünde nur aus Wald, Bergen und Gegen­wind! Am Ein­gang des Na­tion­al­parks wurde ich in einem Vor­trag und an­schließen­den Film über die Ver­hal­tensregeln in­formiert. Danach musste ich ein For­mu­lar aus­füllen, mein Ein­tritts­geld bezahlen, bekam eine Bear-Box für die Auf­be­wahrung von Lebens­mit­teln und kon­nte losfahren.

Mich er­wartete eine ganz an­dere Welt! Zuerst sah ich ein Karibu beim äßen, dann kam mir ein Karibu auf der Straße ent­ge­gen­ge­laufen, über­legte es sich dann aber doch an­ders und stiefelte wieder davon. Schließlich ent­deck­te ich noch eine Gruppe Dall-Schafe.

Dann fing es an zu reg­nen und ich sah nichts. Zwei Tage später – es hat­te nachts in den Bergen geschneit – kon­nte ich wieder weit­er­fahren. Das Warten hat­te sich je­doch gelohnt, denn ich kon­nte den De­nali (der Große) se­hen. 80 Prozent des Jahres ist der Berg in Wolken ver­hüllt, so dass ihn viele Be­such­er gar nicht zu se­hen bekommen.

Am De­nali ent­lang er­re­ichte ich den Won­der­lake, einen großen See am Ende der 90 Meilen lan­gen De­nali-Park-Road. Von dort aus ging es nun wieder auf der­sel­ben Straße zurück und einen kurzen Mo­ment zog ich es tat­säch­lich in Er­wä­gung, mit dem Bus zurück zu fahren. Habe ich dann aber doch nicht gemacht – der Weg ist das Ziel – und so sah ich auf der Rück­fahrt noch Erd­hörnchen, Dall-Schafe, Bären, Karibus, Eulen, Elche und Wölfe.

Das näch­ste Ziel war die alte Gold­gräber­stadt Fair­banks. Ich er­wartete eine Stadt mit Sa­loons und al­ten Block­hüt­ten. Nach dem Ende des Gol­drausches war die Stadt allerd­ings ziem­lich ver­lassen und wurde erst durch den Bau der Alas­ka-Pipeline wieder be­deut­sam. Fair­banks beste­ht heute haupt­säch­lich aus Un­terkün­ften für die Ar­beit­er der Öl­fir­men, Bars und Ho­tels. Ich genehmigte mir Bed & Break­fast inklu­sive Dusche und am näch­sten Tag ging die Reise auf dem Dal­ton-High­way Rich­tung Nor­den weit­er. Dieser High­way di­ent der Ver­sorgung für die Camps und Pump­sta­tio­nen der Alas­ka-Pipeline, durch die das Öl aus der Prud­hoe-Bay quer durch Alas­ka in den Sü­den nach Valdez geleit­et wird. Mit­tler­weile ist die Straße auch für den Pri­vatverkehr geöffnet.

Mal vom Wind abge­se­hen, der beim Rad­fahren grund­sät­zlich von vorne kommt, ver­lief alles gut. Ich hat­te sog­ar noch richtig Glück und kon­nte eines Nachts das Po­lar­licht bewundern.

Ein paar Tage später war ich dann schon ‘oben’ in Dead­horse und fast et­was ent­täuscht, dass es so schnell ging. In Dead­horse nahm ich an ein­er Führung durch die Ölförder­an­la­gen teil, gön­nte mir mal wieder eine Dusche, ein Bett und ein gutes Es­sen bevor es per Flugzeug nach Bar­row weiterging.

Bar­row ist eine Es­ki­mo-Sied­lung und die nördlich­ste Gemeinde Amerikas. Ich schlen­derte im Ort umher und es dauerte nicht lange, da hielt ein Auto und je­mand wollte mir et­was verkaufen. Ich wollte nichts, aber fragte ihn, was er ger­ade macht. ‘Touris­ten mein Zeug an­drehen’ sagte er und grin­ste dabei schelmisch. Schnell wurde ich mit ihm einig, dass er mir für ein Trinkgeld (lei­der ver­mut­lich im Sinne des Wortes Trinkgeld, denn Alko­hol ist im Nor­den ein sehr großes Prob­lem) den Ort zeigt. So hat­te ich einen in­ter­es­san­ten Aufen­thalt und sah sehr viel. Nur zum Nord­kap Alaskas wollte er nicht, weil er sein Gewehr nicht dabei hat­te und sein Onkel dort von einem Eis­bären ange­grif­f­en wor­den war. Im Gegen­satz zu an­deren Bären ist der Eis­bär ein rein­er Fleis­chfress­er und stellt mit seinen 3 m Größe und 500 kg Gewicht eine ernst zu nehmende Gefahr dar!

Abends ging es dann mit dem Flieger weit­er Rich­tung Fair­banks. Mein Rad war da, mein Gepäck war da und nach dem Kauf ein­er neuen Ben­z­in­flasche (die alte durfte nicht mit in den Flieger) kon­nte die Reise weit­erge­hen. Nun sollte es auf dem Richard­son-High­way nach Valdez gehen. Nach den vie­len Höhen­metern und den kühlen Tem­per­a­turen waren die 360 Meilen nach Valdez richtig an­genehm, ich hat­te Zeit und kon­nte alles richtig ge­nießen. Neben dem Rad­fahren war das Fo­tografieren meine zweite Lei­den­schaft gewor­den. Es war richtig span­nend, sich an ein Tier her­anzuschle­ichen, zu über­legen, in welche Rich­tung es weit­er­laufen würde und aus welchem Winkel sich wohl die besten Bilder ergeben würden.

Vor Valdez kam ich am Wor­thing­ton-Glac­i­er vor­bei und weil die Sonne grad so schön schien, un­ter­nahm ich dort zu Fuß eine kleine Erkun­dungs­tour in der her­rlich blau schim­mern­den Eiswelt.

Kurz danach über­querte ich den Thomp­son-Pass. An diesem Pass fall­en in einem Win­ter etwa 100 m Schnee und man hat dort eine Reko­rd­schnee­höhe von 24 m gemessen! Schließlich er­re­ichte ich den Hafenort Valdez, der am Ende der Alas­ka-Pipeline liegt und vor allem we­gen der Ölver­ladung sowie we­gen des Tankerun­falls der Exxon Valdez im Jahre 1989 bekan­nt ist.

Von Valdez aus ging es nun mit der Fähre nach Whit­ti­er auf der Ke­nai-Hal­binsel. Die Fahrt führte durch den Prince-William-Sound am berühmten Co­lum­bia-Glac­i­er vor­bei. Lei­der fuhr die Fähre aber die kürzeste Strecke und so schnell, dass man nicht viel se­hen kon­nte. De­shalb un­ter­nahm ich tags da­rauf noch eine Schiff­s­tour, die mich zwar nicht zum Co­lum­bia-Glac­i­er, aber zu an­deren Gletsch­ern führte, außer­dem kon­nte ich auch ein paar Seeot­ter, See­hunde und auch Seelöwen beobachten.

Die restlichen Tage un­ter­nahm ich einige Wan­derun­gen und Ent­deck­ungs­fahrten auf den Trails ab­seits der Straße und fuhr sog­ar ein Stück des berühmten Iditarod-Trails.

In An­chor­age ver­brachte ich vor dem Heim­flug einen schö­nen Abend am Strand und kon­nte zum Ab­schied noch ein­mal den De­nali se­hen, der im­mer­hin ca. 280 km von An­chor­age ent­fer­nt ist.