Hier eine kleine Über­sicht der Radtour:

Die An­reise per Bahn nach Frank­furt und Flugzeug nach Del­hi klappte prob­lem­los. Mein Gepäck, das Rad und ich waren zeit­gle­ich nachts um 0:35 Uhr in Neu Del­hi. Mir war die nächtliche Ankun­ft­szeit ganz recht, denn so kon­nte ich so weit wie möglich aus der Stadt raus­fahren bevor der tägliche Wahnsinn auf In­di­ens Straßen be­gann. Das hat auch halb­wegs funk­tion­iert, allerd­ings sollte es etwa eine Woche dauern bis der Verkehr deut­lich weniger wurde.

Die er­sten Tage waren so mit Er­leb­nis­sen und Sin­ne­sein­drück­en aus­ge­füllt, dass ich mir dachte, man müsste je­den Tag auf eine Woche aus­dehnen, um wirk­lich alles aufnehmen und ge­nießen zu kön­nen. Aber so viel Urlaub hat­te ich nun mal nicht, also habe ich abends alles fleißig meinem Tage­buch mit­geteilt. Vielle­icht nehme ich mir mal die Zeit alles nachzulesen.

Nach der er­sten Nacht im Zelt auf ein­er schö­nen Wiese stand mor­gens um 7 Uhr der Be­sitzer vor mir. Nach­dem ich ein paar Tage zu­vor bei ein­er ähn­lichen Gele­gen­heit in der fränkischen Schweiz von einem Land­wirt davonge­jagt wurde war ich ges­pan­nt, was nun passieren würde. Der gute Mann sagte erst mal seinem Sohn Bescheid, der kurz da­rauf mit zwei Liter Trinkwass­er anger­adelt kam. Kurz danach war die ganze Fam­i­lie um mich ver­sam­melt und ich kon­nte gar nicht an­ders als zum Früh­stück ins Dorf mitzuge­hen. Dort kam dann mehr oder weniger der Rest des Dor­fes noch hinzu. Diese Hil­fs­bere­itschaft und Gast­fre­und­schaft be­gleit­ete mich auf mein­er ganzen Reise. Wobei ich glaube, dass hi­er­bei auch eine gehörige Por­tion Neugierde sowie der Wun­sch nach Ab­wech­slung vom All­t­ag eine Rolle spielte.

Mein er­stes Etap­pen­ziel war Sri­na­gar, die Haupt­stadt der Re­gion Kaschmir. Nach ein­er knap­pen Woche bei Tem­per­a­turen bis 40 °C, dem bere­its er­wäh­n­ten Verkehr und er­sten Bekan­ntschaften mit den in­dis­chen Es­s­ge­wohn­heit­en kam ich dort an. Auf einem der vie­len Haus­boote zu über­nacht­en war mir zu viel Nepp, ich hat­te keine Lust auf Be­suche von Sou­venirverkäufern und jedes Mal je­man­den rufen zu müssen, wenn ich per Boot an Land ge­bracht wer­den wollte. Ein schönes Guest-House am Ufer fand meinen Gefall­en und nach ein­er Dusche, einem Stadtrundgang und einem guten Bier war es doch mal wieder an­genehm, in einem Bett zu schlafen. Bis mich um 6 Uhr der Muezzin weck­te. Naja, ist hier halt so üblich.

Die weit­ere Strecke zu meinem eigentlichen Ziel der Reise Leh ver­läuft rel­a­tiv nahe an der Gren­ze zu Pak­istan. Und weil sich die bei­den Staat­en so sehr mö­gen, ist auf diesem Ab­schnitt sehr viel Mil­itär un­ter­wegs. Wobei ich mich noch heute frage, wo die im­mer hinge­fahren sind. Mich hat das je­den­falls an die ‘Be­we­gungs­fahrten’ bei der Feuer­wehr erin­nert. Ich hat­te ja die Be­fürch­tung, dass ich mal nachts in meinem Zelt aufge­spürt, um­stellt und als mut­maßlich­er Ter­ror­ist festgenom­men werde. Es ist aber nie et­was passiert. Ich habe im­mer erst kurz vor Ein­bruch der Dunkel­heit einen Platz für mein Zelt gesucht und auch im­mer einen schö­nen Platz ge­fun­den. Und Be­such hab ich nur mal von Schafen bekommen 

Auf der Strecke von Sri­na­gar nach Leh gab es ein paar höhere Pässe und so kon­nte ich mich schon mal ganz gut akkli­ma­tisieren. Nach einem hefti­gen Grau­pelschauer auf dem Fatu-Pass und der fol­gen­den eiskalten Ab­fahrt ins Moon-Val­ley über­nachtete ich im na­hegele­ge­nen Lamayu­ru-Kloster. So hat­te ich dann auch die in­nere Ruhe, mir das Kloster und die Umge­bung genauer anzusehen.

Zwei Tage später traf ich in Leh ein und war ent­täuscht. Der Stadt vorge­lagert ist eine riesige Mil­itärkaserne und das Zen­trum von Leh beste­ht haupt­säch­lich aus Sou­venir­lä­den. Da­vor sitzen deren Be­sitzer und quatschen je­den, der nach Tourist aussieht pausen­los an. Ich muss ja nicht lange bleiben — dachte ich. Zuerst suchte ich mir ein Guest-House und kaufte mir dann einen Ruck­sack und Pro­viant für einen Aus­flug am näch­sten Tag. Der Haus­berg von Leh ‑Stok Kan­gri- war mein Ziel. Ich ließ alles ent­behrliche Gepäck im Guest-House und startete früh­mor­gens mit dem Rad Rich­tung Base­camp. Es waren zwar einige größere Geröllfelder zu über­queren, so­dass ich das Rad öfter mal tra­gen musste, aber für den Fahrspaß auf dem Rest des Weges in dieser grandiosen Land­schaft lohnte sich die Mühe. Rechtzeit­ig vor Son­nenun­ter­gang kam ich im Base­camp an, baute mein Zelt auf und in­formierte mich, wann die ver­schiede­nen Teams Rich­tung Gipfel starten wür­den. Mein Plan war, als let­zter loszu­laufen und dann den Lichtern zu folgen. 

Es waren drei Teams, die er­sten starteten um Mit­ter­nacht und ich lief als Let­zter um 2 Uhr los. Auf dem Weg nach oben waren ein paar Geröllfelder sowie ein Gletsch­er zu über­queren. Der Weg war nicht im­mer ein­deutig erkennbar, aber spätestens, wenn ich wieder mal eine leere En­ergieriegel-Ver­pack­ung fand wusste ich, dass ich richtig sein musste. Die grobe Rich­tung sah ich ja an­hand der Stirn­lam­p­en vor mir. Nach etwa der hal­ben Strecke hat­te ich alle Grup­pen einge­holt und in der Däm­merung des an­brechen­den Tages fand ich den Weg auch alleine. Oben gab es ein biss­chen Klet­terei und wenn es nicht so saukalt und so windig gewe­sen wäre, hätte es ver­mut­lich auch richtig viel Spaß gemacht. Pünk­tlich zum Son­nenauf­gang stand ich schließlich in 6125 m Höhe auf dem Gipfel. Weil es aber so ungemütlich kalt war und ich ganz alleine da oben stand, wollte keine so richtige Freude aufkom­men. So machte ich mich zügig wieder an den Ab­stieg, schlief im Base­camp zwei Stun­den in meinem Zelt und fuhr dann zurück nach Leh.

Die näch­sten zwei Tage ver­brachte ich damit, mit der Post ein Paket nach Hause zu schick­en und das vorgeschriebene Per­mit zu be­sor­gen, damit ich in das Nubra-Val­ley fahren darf. Das Nubra-Val­ley liegt in der Nähe des Dreilän­dereck­es Indien/Pakistan/China und man benötigt eine beson­dere Er­laub­nis dafür. Meine Lieblingswörter sind seit­dem ‘To­mor­row’, ’not al­lowed’ und ‘Per­mit’! Le­icht gen­ervt aber im­mer­hin gut aus­geruht kon­nte ich schließlich über den Kar­dong La ins Nubra-Val­ley fahren.

Dort er­lebte ich eine ganz an­dere Welt. Auf­grund des rel­a­tiv we­ichen Gesteins und der großen Wasser­massen nach der jährlichen Schneeschmelze im Früh­jahr hat sich eine 10 km bre­ite Sand­wüste gebildet und aus den Zeit­en, als noch Karawa­nen u. a. von Ladakh nach Ti­bet zo­gen, leben hier auf 3.300 m Höhe noch Kamele. Ein Ritt auf einem Wüsten­schiff ist et­was Wunderbares!

Das näch­ste Teil­stück führte durch atem­ber­aubende Land­schaft über ein paar der höch­sten Pässe der Welt quer durch die Hi­malaya-Haup­tkette nach Man­ali. Die Gegend ist sehr dünn be­siedelt, es ist wenig Verkehr und die ‘Dör­fer’ beste­hen nur aus Zel­ten, die im Früh­jahr aufge­baut und im Herb­st wieder abge­baut werden.

Im Rah­men des Straßen­baupro­jek­tes Hi­mank hat übri­gens ein of­fen­bar sehr hu­mor­voller Mi­tar­beit­er der in­dis­chen Straßen­baube­hörde BRO über­all am High­way sehr un­ter­halt­same Schilder aufgestellt. Beson­ders der Hin­weis, man möge sich doch an der Straße er­freuen, hat mir sehr gefallen. 

In Man­ali angekom­men studierte ich die Land­karte und über­legte, was ich mit den restlichen Urlaub­sta­gen noch anstellen kön­nte. Ich kön­nte zwar mit dem Rad wieder bis nach Del­hi zurück­fahren, aber die 400 km auf dem High­way sind land­schaftlich eher lang­weilig, der Verkehr ein­fach nur crazy und ich bin die Strecke ja erst vor vier Wochen mit dem Rad gefahren. Also entschloss ich mich, lieber noch ein paar Tage in den Bergen zu bleiben und dann mit dem Zug nach Del­hi zurück­z­u­fahren. Auf der Suche nach einem neuen Ziel fand ich auf mein­er Karte ‘Dharam­sala- Exil Home Dalai-Lama’. Zwei Tage später war ich dort und habe auch noch das Glück gehabt, dass der Dalai Lama ger­ade eine mehrtägige Ein­weisung (Teach­ing) über den Pfad der Er­leuch­tung gab. Mit einem speziellen Ausweis kam ich in das Kloster des Dalai-Lama und war von der At­mo­sphäre fasziniert! Lei­der durfte man den Dalai Lama nicht fo­tografieren, die Bilder habe ich de­shalb gemacht, als das Teach­ing zu Ende und der Dalai Lama weg war.

Eigentlich wollte ich ja dann mit dem Rad zum näch­sten Bahn­hof fahren und von dort mit dem Zug nach Del­hi zurück­fahren. Ich hat­te in Dharam­sala sog­ar schon eine Fahrkarte gekauft. Aber auf der Suche nach dem Weg zum näch­st­gele­ge­nen Bahn­hof ent­deck­te ich auf der Karte noch einen weit­eren se­henswerten Ort: Am­rit­sar — Der gold­ene Tem­pel der Sikhs! Das lag zwar nun nicht ger­ade auf dem Weg, aber es gab dort auch einen Bahn­hof. Ich kaufte mir für 5 € eine neue Fahrkarte und am Abend des näch­sten Tages war ich in Am­rit­sar am gold­e­nen Tem­pel. Es war ein sehr schön­er Ab­schluss mein­er Reise und ich war froh, dass ich diesen faszinieren­den Ort noch für mich ent­deck­en konnte.

Am näch­sten Mor­gen trat ich dann aber endgültig die Heim­reise an. Die Zug­fahrt war schön und ich kam rechtzeit­ig in Del­hi an. Ich genoss nochmal so richtig das Es­sen der Straßenküchen und fuhr an­schließend zum Flughafen. Mit meinem Rad wollte man mich erst gar nicht in das Flughafenge­bäude lassen, aber schließlich klappte doch alles und ein paar Stun­den später war ich wieder zurück in Frankfurt.